Einstein, Freud und die Frage nach dem Krieg – szenische Lesung in Hamburg

Carlos Urban

4. November 2025

Bild: LightFieldStudios / envato.com

Ein historischer Dialog über die Frage nach dem Krieg

Warum führen Menschen Krieg – und lässt sich Gewalt überwinden? Diese Frage stand im Zentrum eines berühmten Briefwechsels zwischen Albert Einstein und Sigmund Freud, den der Völkerbund 1932 initiiert hatte. Fast ein Jahrhundert später wird dieser Austausch als szenische Lesung in Hamburg neu interpretiert. Veranstalter ist die Forschungsloge „Quatuor Coronati“, die das historische Dokument in einen aktuellen gesellschaftlichen Kontext stellt.

Einstein, Freud und der Auftrag des Völkerbunds

Nach dem Ersten Weltkrieg, der 1918 endete und Europa in eine politische und moralische Krise stürzte, wurde 1920 der Völkerbund gegründet – eine Vorläuferorganisation der Vereinten Nationen. In einem experimentellen Kulturprojekt bat das Internationale Institut für geistige Zusammenarbeit Albert Einstein, einen offenen Dialog mit einer Person seiner Wahl über ein Thema von globaler Bedeutung zu führen. Einstein entschied sich für Sigmund Freud, den Begründer der Psychoanalyse und einen seinerzeit international beachteten Deuter menschlicher Triebkräfte.

Der Briefwechsel erschien 1932 unter dem Titel „Pourquoi la guerre?“ („Warum Krieg?“) in französischer Sprache und wurde 1933 auch in deutscher Übersetzung veröffentlicht. In Deutschland konnte er jedoch nur eingeschränkt verbreitet werden: Die Machtübernahme der Nationalsozialisten im selben Jahr führte zu Zensurmaßnahmen und zur Verdrängung beider Autoren aus dem öffentlichen Diskurs.

Ein Dialog, der bis heute provoziert

Einstein vertrat im Austausch die Hoffnung, dass eine überstaatliche Rechtsordnung Kriege langfristig eindämmen könne. Freud dagegen argumentierte, dass aggressive Impulse zur Natur des Menschen gehören und nur durch Kulturprozesse, Erziehung und Umleitung der Triebe begrenzt werden können. Die Gegensätzlichkeit der Positionen – Hoffnung auf Vernunft vs. Skepsis aufgrund menschlicher Natur – macht den Briefwechsel bis heute zu einem spannenden Dokument zwischen Wissenschaft, Politik und Anthropologie.

Bühnenadaption in Hamburg

Der 1. stellvertretende Vorsitzende der Forschungsgesellschaft Quatuor Coronati, Dr. Alexander Trettin, hat den Text gemeinsam mit Dennis Holewa in eine dramaturgische Bühnenfassung übertragen. Sie soll nicht nur den historischen Dialog vermitteln, sondern auch die zentrale Frage in die Gegenwart holen: Welche Rolle spielen heute Hass, Macht, Erziehung, Gemeinschaft und Pazifismus – und was bedeutet das für aktuelle Konflikte?

Im Anschluss an die Lesung ist ein offenes Publikumsgespräch geplant, das den Transfer von 1932 ins Jahr 2025 ermöglichen soll.

Titel: „Warum Krieg?“ – Szenische Lesung mit anschließendem Diskurs
Datum: Freitag, 21. November 2025, 19:00 Uhr
Ort: Logenhaus Hamburg, Welckerstraße 8, 20354 Hamburg (Lessing-Raum)
Eintritt: frei, Spenden erbeten
Veranstalter: Forschungsloge Quatuor Coronati, Hamburger Zirkel
Anmeldung erwünscht: gs@quatuor-coronati.de

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