Alle (zwei) Jahre wieder….

Jens Wolfgramm

2. Mai 2024

Foto: Artem_ka / envato.com

Alle zwei Jahre wieder kommt der Großlogentag und kehrt mit seiner Agenda in unseren Alltag ein. Meistens gleicht es einer Pflichtveranstaltung, manchmal lassen schwierige Themen leidenschaftliche Diskurse erwarten.

Meistens sind die Argumente der Teilnehmer sachlich und zielführend, denn einige Brüder studieren die Unterlagen unter großen zeitlichen Aufwand sehr sorgfältig. Übrig bleiben dann am Ende, hoffentlich, viele gute Fragen, konstruktiv zum Sachverhalt, aber deutlich kritisch und offen zur „Leistung“ (neudeutsch: Performance) der gewählten Vertreter unserer Großloge. Respekt soll ihnen gebühren, doch leider trauen sich die meisten Brüder nicht, auch einmal unseren Groß- und Distriktbeamten direkt ihr Unbehagen zu formulieren. In diesem Jahr umfasst das Werk 122 Seiten. Das meiste davon ist umständlich, unübersichtlich, intransparent und besteht aus einem Zahlenwerk aus Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnung, Tabellen u. v. m., das wohl nur die verstehen, die über ein gehörig fachliche Kompetenz verfügen. Nicht selten fehlt diese selbst den Brüdern im Großlogen-Vorstand und Großlogen-Rat. Das ist kein Vorwurf – oder doch? Birgt nicht gerade auch der Mangel an Fachkompetenz so viel Problempotenzial?

Budgetplanungen, die man eher stoisch zur Kenntnis nimmt, ohne zunächst darüber ansatzweise nachzudenken, wie man an mehr Detailinformation kommt. Geht es doch meistens oder ausschließlich in den Planungen nur um höhere Ausgaben und, wie in diesem Jahr, um deutliche Beitragserhöhungen. Beides, Einnahmen und Ausgaben, wird mit der Übersendung der Unterlagen für den Großlogentag mit keinem Wort erläutert, erklärt oder, wie man es an seinem eigenen Arbeitsplatz kennt, professionell und seriös mit einer Modellrechnung (Soll-Ist Vergleich), den genauen Maßnahmen wie man zu diesem oder jenem Ergebnis gelangen will, begründet. Alles geschieht in Treu und Glauben und die Verfasser hoffen vielleicht auch deshalb darauf, dass man ihnen in Treu und Glauben keine allzu kritischen Fragen stellt

Kritik wird missverstanden und als eine Art Majestätsbeleidigung empfunden. Logen und Brüder, die ein legitimes Recht haben, deutlich zu hinterfragen und Missstände offen anzusprechen, werden schnell in die Schmuddelecke gestellt und gelten als „bad boys“. Meine Loge kann davon das berühmte Liedchen singen.

Erhebliche Beitragserhöhung geplant

Ein paar Zahlen zur GuV der beiden letzten Jahre und dem geplanten Budget 2025/2026 sollte sich jeder Bruder, ganz gleich, ob vom Fach oder nicht kurz anschauen.

  1. Geplant ist eine Beitragserhöhung von 33,25 €/Bruder und Jahr. Das macht bei 9.400 Brüdern eine zusätzliche Einnahme von rund 312.000,00 € für die Großloge. Der Verlust im vergangenen Jahr beträgt (gerundet) 184.000,00 €. Diese zusätzliche Einnahme allein würde genügen, um den Verlust aus dem letzten Jahr mehr als auszugleichen, oder?
  2. Sie „würde“ ausreichen. Tut sie aber nicht – aus Sicht der Großloge. Der Großlagenrat, also der Vorstand und alle Distriktmeister, planen noch mehr Geld auszugeben als im vergangenen Jahr. Ohne ins Detail zu gehen, steigen die Ausgaben um etwa 100.000,00 €. Warum? Diese Frage wurde mit der Zusendung aller Unterlagen nicht begründet und ist schon deshalb zu stellen.
  3. Jeder Kaufmann ist zunächst geneigt, bei einem Verlust erst einmal schnell die Preise anzuheben. Klar, kann man machen, jedoch zeugt diese Erhöhung allein nicht von Weitblick. Eine solche Maßnahme muss am Ende des Tages von den Kunden (Brüdern) erst einmal angenommen werden. Es ist zwar die einfachste Methode, um Gewinne zu maximieren, doch der Preis bzw. das Produkt muss marktgerecht bleiben. In diesem Falle – wo ist der Nutzwert?
  4. Was macht man noch? Man wirft einen tieferen Blick auf seine Aufwendungen und Kosten. Und ganz sicher findet man etliche Ausgaben und versucht diese zu reduzieren. Wenn also der Preis, hier der Großlogen-Beitrag, eine Schmerzgrenze für die Logen und ihre Brüder erreicht, bleibt die Prüfung nach der Senkung der Ausgaben die vorrangigste Pflicht. Doch was lesen wir davon in der eingangs erwähnten Post: nichts! Kann man nicht oder will man nicht? Es ist in der Tat aufwendig, alle Ausgaben zu prüfen, dies muss man sehr genau machen, das kostet Zeit.
  5. Der HUMANITÄT hat man im vergangenen Jahr zwei Ausgaben gestrichen. Doch die Brüder zahlen weiterhin den vollen Beitrag – und bekommen nur vier Ausgaben. Kann man machen. Doch muss man wissen, dass dadurch schon per se rund 42.000,00 € weniger Kosten für den Druck und Versand angefallen sind (siehe GuV). Ob hier auch die Honorare enthalten sind, ist derzeit noch unklar. Wir haben gefragt und warten auf Antwort vom Großmeister und Großschatzmeister, letztgenannter ist der Fachbereichsleiter. Doch man hört nichts. Egal, 42.000,00 € wurden gezahlt, um individuelle Ausgaben der Großloge mitzufinanzieren. Also Ausgaben, über deren Notwendigkeit diejenigen sich einmal hätten fragen können, ob sie notwendig waren. Nun ist vorgesehen, die Druckversion von 4 auf 0 – in Worten NULL – Ausgaben zu reduzieren. Die Gerüchteküche ist bei solch heiklen Themen erfahrungsgemäß stets sehr heiß, doch der Großlogentag soll (darf) darüber entscheiden. Dies würde bedeuten, dass rund 107.000,00 € (das waren die Kosten für die Humanität im vergangenen Jahre lt. GuV für vier Ausgaben) eingespart würden.
  6. Stimmt der GL-Tag zu, dann darf man diesen Betrag direkt vom Verlust des letzten Jahres abziehen. Einfache Rechnung: Verlust 184.000,00 minus 107.000,00 = 77.000,00 € (Verlust).
  7. Würde man sich für eine reine PDF-Ausgabe der HUMANITÄT entscheiden, dann fallen die Herstellungskosten in den Keller. Als Honorar kann man vielleicht von 500,00 € pro Monat (6000,00 € pro Jahr) sprechen. Macht pro Jahr bei 9.400 Brüdern 0,65 €/Brüder, die man im GL-Beitrag berücksichtigen müsste.

Man kann alles hin und her rechnen. Wir haben es mit den entscheidenden und den bis heute vorliegenden Zahlen versucht. Es ist für Nichtkaufleute oder solche Brüder, die mit Excel nichts am Hut haben, nicht leicht. Wer möchte, kann es sich anschauen und über diesen Link herunterladen:

Es mag sein, dass eine sehr moderate Erhöhung notwendig ist. Überzeugt sind selbst davon wohl die wenigsten Brüder.

Unprofessionell ist es, wie erwähnt, überhaupt keine Kostensenkungspotenziale zu erschließen und darüber im Vorfeld eines Großlogentages Auskunft zu geben. Die Zeit auf einem Großlogentag ist dafür fast zu knapp und bedauerlicherweise ist der fehlende Sachverstand bei dem einen oder anderen Bruder und leider auch das Desinteresse ein Problem. Das alles erzeugt mächtig „Druck im Kessel“, den abzulassen, wäre die Aufgabe der Köche, anstatt ihn hochzutreiben.

Wie man es dreht und wendet: Alles, was an Zahlen vorliegt und was geplant ist, geht zulasten der Brüder. Eine Beitragserhöhung genauso, wie die Kürzung oder Streichung der Druckausgabe der HUMANITÄT. Die Streichung der Druckausgabe wäre so, als würde die Bahn weiterhin ein Jahresticket zum unveränderten (oder sogar erhöhten) Preis verkaufen, aber den Strom abstellen, um Kosten zu sparen.

Ein weiterer Aspekt im administrativen Bereich der Großloge wäre auch die grundsätzliche Prüfung von Leistungen und des gesamten Vertragswesens jeglicher Art. Wo kann und muss gehandelt werden, wer profitiert, gibt es unterschiedliche Interessen, bestehen evtl. Interessenkonflikte, die noch niemand erkannt hat? Die Bereiche Finanzverwaltung und Versicherungen sind immer einen Blick wert.

Gehorsam gegenüber dem 1. Hammer und Loyalität sind nicht endlich.

2 Antworten

  1. Lieber Br.·. Jens,

    danke für diese Analyse. Es gibt noch einige andere die Deine Meinung teilen und weitere Analysen angestellt haben. Das was von der GL vorgelegt wurde ist in keinem Fall ausreichend und zusätzlich fehlen in der Ankündigung Berichte von der Stiftung und von dem was aus den aufwändigen Diskussionen in der Zukunftswerkstatt in Stuttgart geworden ist. Wenn der Aufwand nur eine Show-Einlage war ist dies absolute Verschwendung von Human resources. Auch das ist Verschwendung.

    Mit herzlichen brüderlichen Grüßen
    Dein Br.·. Cornelius

  2. Lieber Br. Jens.,
    wir kennen uns aus alten Zeiten von den Gr. Logenratssitzungen und Großlogentagen. Da ist uns der alte Gr. SchMst, Th. W. der GL. AFAM gut in Erinnerung.
    Zwischen damals und heute liegen Welten! Dieser Trend setzt sich fort bis in die Logen. Ich habe Probleme, betriebswirtschaftliches und kaufmännisches Denken und Handeln mit der „Brüderlichkeit“ in Verbindung zu bringen. Wir kennen heute auch viele Beispiele aus der Politik.
    Mit brdl. Grüßen
    Volker

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